Seit Tagen schon hörte ich dieses Katzengejaule. Ja klar, Sturm- und Drangzeit, jedes Jahr das gleiche Theater. Im ersten Moment hörte es sich an wie: „Au, au, au….!“ Mir fuhr der Schreck in die Glieder, das war doch wohl nicht…? „Mama“, rief ich laut, „Mama, alles okay????“ Keine Antwort.
Ein Anruf bestätigte, alles in Ordnung. –
Dann wieder, dieses Mal deutlicher, hallte es durch den Gang. Ein Geschrei, das ich schon aus dem letzten Frühjahr kannte. Wie viele Nächte diese kleinen Biester mir damit geraubt hatten, konnte ich nicht mehr zählen. Und das immer hier in unserem Gang! Ich rief, klopfte und polterte durch den Gang. So ein Mist, liebestolle Kater und Katzen sind einfach nervig.
Ein Gespräch mit meiner Mutter, die nebenan wohnt, bestätigte meine Gedanken. Auch sie hatte schon mehrfach diese Rufe vernommen. „Die werden doch nicht in einer Kellernische sitzen“, äußerte ich einmal bei einer Unterhaltung mit ihr. „So ein Quatsch,“ wie sollten die da reinkommen? Da ist das Gitter drüber,“ meinte Mama entrüstet, „da hat noch nie was drin gesessen.“
Immer wieder, in unregelmäßigen Abständen, waren sie zu hören, aber nie zu sehen. Wenn ich die erwische, die trenne ich mit einer kalten Dusche, nahm ich mir vor.
So verging erst eine Woche, dann 10 Tage.
Nach dieser langen Zeit erreichte mich ein Anruf meiner völlig aufgelösten Mutter.
„Gut, dass du Zuhause bist, komm schnell, ich glaube da sitzt doch eine Katze im Kellerloch! Ich werd` verrückt, das arme Tier.“
Hörer hinwerfen und Schuhe an, waren eins. Dann schaltete ich das Hirn ein.
Schnell überlegte ich, welche Katzen hier immer um unser Haus schleichen können und wusste genau, entweder den Nachbarn gegenüber konnte ein solches Tier gehören, oder aber meinen Freunden von nebenan.
Sofort beschloss ich mir Hilfe zu holen. Ich als absoluter Hundefan, kannte mich mit Katzen überhaupt nicht aus, auch unser Kellerschacht war mir bis dato unbekannt. Ich wusste weder wie tief der war, noch wie die Beschaffenheit am Boden sein konnte. Viele Jahre hatte mein Vater, Gott hab ihn selig, die Aufgaben rund um das Haus übernommen.
Kam man überhaupt an das Tier heran, oder musste ich Hilfe haben? Wie war das arme Tier drauf? Würde es mich sofort anspringen, in Panik, oder würde es sich helfen lassen??? Musste man direkt zum Tierarzt? Alle Fragen schossen mir durch den Kopf und ich beschloss, diese Rettungsaktion nicht allein zu starten.
Die erste Anfrage brachte keinen Erfolg, nein, man vermisste keine Katze. Aber dann, als ich bei meinen Freunden anschellte und danach fragte, ob sie eine Katze vermissten, fing Tina sofort an zu weinen. Ja, Gouv, ihr schwarzer Kater, war seit 14 Tagen verschwunden. Sie hatten die Hoffnung schon aufgegeben. Mit seinen mindestens 15 Jahren war er immer wieder einmal ausgeblieben. Vor allem jetzt in der „heißen Phase“, war er immer lange unterwegs.
Wir packten sofort etwas Katzenfutter ein und rannten die Treppe zu unserem Gang hoch, der hinter dem Haus entlang führte. „Gouv,“ rief Tina, „Gouv?“ Ein jämmerliches Miauen war die Antwort und jetzt, als er seine Besitzerin erkannte, wollte Gouv gar nicht mehr aufhören zu rufen. Tina und ihre erwachsene Tochter konnten ihr Glück kaum fassen. Gouv war gefunden und wir mussten ihn nur noch befreien.
Durch die Garage, in den kleinen Werkstattraum, den mein Vater immer genutzt hatte. Dahinter war die Heizungsanlage und an der Wand war das Kellerfenster, eher eine Klappe mit Scheibe und Eisengeflecht.
Vorsichtig öffnete ich den Verschlag und ein großer roter Kater sprang uns entgegen und schoss wie der Blitz durch den kleinen Raum, an den Wänden hoch, durch die Regale. Ich riss die Tür auf und er rannte sofort nach draußen und war verschwunden und dann kam Gouv. Tina und ich sahen uns an, es waren sogar zwei Kater. Vermutlich in einer Balgerei bis an den Rand des Gitters gekugelt, waren sie in den Schacht gefallen, aus dem es alleine kein Entrinnen mehr gegeben hätte.
Wir fielen uns in die Arme und waren glücklich, dass beide Tiere glücklich gerettet waren. Mindestens 10 Tage hatten sie in dem Kellerverlies verbringen müssen, und dass sie sich gegenseitig nichts getan hatten, war wie ein Wunder.
Was habe ich daraus gelernt??? Genauer hinsehen und besser nachsuchen. Außerdem sollte man mehrsprachig unterwegs sein. Neben Hundegebell mit seinen unterschiedlichen Klangfarben hat auch „der Katzenjammer“ verschiedene Bedeutungen.
Gouv und auch dem roten Kater geht es heute wieder richtig gut. Der rote Kumpel hat Gouv schon besucht. Gemeinsame Erlebnisse scheinen auch Kater zusammenzuschweißen.
(c) Anja Brand Mai 2014